30.09.2024

„Das Jahr ohne Sommer“ - Erntedank

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VON PFR. REINFRIED RIMMEL

Notzeiten

An einem Wegrand im Allgäu steht ein alter Wegweiser aus Tuffstein.
Auf ihm sind die Jahreszahlen 1817 und 1917 zu finden.

1816/1817 erlebten die Menschen eine sehr schwere Zeit. Sie litten unter den Folgen der napoleonischen Kriege sowie einer Hungersnot. Es war extrem kalt und niederschlagsreich, die Ernte fiel größtenteils aus. 1816 wird als „Jahr ohne Sommer“ bezeichnet. Die extreme Situation wurde durch einen Vulkanausbruch in Indonesien verursacht.

Ein Pfarrer aus dem Allgäu schrieb: „Nachdem wir durch blutige Kriege gegeißelt wurden, da schlug uns eine neue Geisel. Das Jahr 1815 wurde mager, noch mehr aber 1816 ein allgemeines Mißjahr! Daher war auch bei hiesigen Leuten außerordentliche Noth ... Man errichtete eine eigene Armenpflege und jedes Bemittelte hatte nach Vermögen und gutem Willen beizutragen. Dabey zeichneten sich viele durch wahrhaft christlichen Edelsinn aus, und zeigten, daß sie werth seyen, Gottes Segen zu besitzen. Gott sey all diesen Barmherzigen barmherzig.“

Zu einer Wetterbesserung kam es erst Mitte 1817. Chroniken berichten, dass ein Erntedankfest nie feierlicher begangen wurde als in diesem Jahr. 

 

Der Hinweis auf das Jahr 1917 erinnert ebenfalls an eine Notzeit – der 1. Weltkrieg verbunden mit einem großen Mangel an Nahrungsmitteln.

 

Das Erntedankfest beinhaltet - gerade vor diesem Hintergrund - wegweisende Botschaften:

Erinnern

Der Wegweiser erinnert an eine dunkle Zeit der Geschichte. Die Kirche ist eine Erinnerungsgemeinschaft im Blick auf das Licht der Welt. Jeder Christ darf an seinem Platz wie ein Wegweiser sein, der durch seine Worte und Taten an Gott erinnert bzw. den Weg zu ihm zeigt.

Danken

Christen können nicht alle Nöte erklären oder sie einfach wegwischen. Doch glauben sie, dass Jesus Christus selbst in die Finsternis des Todes gegangen ist. Er ist die größte Hoffnung, das Leben letztlich in seiner Hand. Das ist der wesentliche Grund des Dankens – nicht nur an Erntedank. Vom einem Geheilten im Evangelium heißt es: „Er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm“ (Lk 17,15f.).

Beten

Auf dem Wegweiser stehen zudem die Worte: „Gib uns heute unser tägliches Brot“ (vgl. Mt 6,11). Das Brot steht für so vieles im Leben. Mit den Worten Jesu kann man täglich neu darum bitten. Es ist wertvoll, wenn man das Vaterunser ehrfürchtig betet – auch für alle Menschen in Not.

Helfen

Die Worte des Allgäuer Pfarrers sprechen von Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit.

Viele Menschen brauchen auch heute helfenden, hilfsbereite Hände. Ein Christ, der das Evangelium im Herzen trägt und es ausbreiten möchte, kommt nicht an den Worten Jesu vorbei: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

 

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