16.09.2024

Ich sehe dich

VON JULIA STIEGELER

Ich sehe dich

Im Film Avatar begrüßen sich die Na´vi mit einer Geste, indem sie ihre Hand ausgehend von der Stirn nach unten in Richtung des Gegenübers bewegen und die Worte „Oel ngati kameie“ sprechen. Übersetzt heißt das „Ich sehe dich“.

Hinter dieser Begrüßung steckt mehr als ein einfaches „Hallo“.
Sie geschieht im Zeichen des Respekts und des Vertrauens. Ich nehme dich als mein Gegenüber wahr – nicht rein äußerlich – sondern mit deinem Herz.

Weitergedacht, können die Worte als Zuspruch verstanden werden, der sagt:
Ich sehe dich ganz, mit dem, was dich bewegt. Meine Augen und mein Herz verschließe ich nicht vor deinen Ängsten und Hoffnungen.

Ich möchte darauf achten, dich bewusst zu sehen. Dich kennenlernen, annehmen und verstehen, auf dich Acht geben.

Du siehst mich

Wann fühle ich mich gesehen?

Wenn du für mich da bist, dir Zeit nimmst und mir deine Aufmerksamkeit schenkst. Wenn du nicht nur deine Augen, sondern auch deine Ohren auf mich richtest. In einer Begegnung auf Augenhöhe, bei der ich nicht hinter dir stehe, sondern dir gegenüber.

Gott sieht dich und mich

„Du bist El-Roï - Gott schaut auf mich -.“ (Gen 16,13)

Du und ich sind von Gott gesehen! Gott interessiert sich für uns, wir sind wertvoll und Gott will uns behüten, wie ein Vater und eine Mutter es tun. Manchmal nehmen wir nicht wahr, wie wir fürsorglich angesehen werden. Doch auch hinter dem, was uns verborgen ist, ruht der immerwährende, liebende Blick Gottes.

 

Von „Ich sehe dich“ über „Du siehst mich“ zu „Gott sieht dich und mich“ haben wir die Perspektiven gewechselt. Jeder Blickwinkel für sich ist relevant: Selbst nicht blind sein für die Bedürfnisse der Mitmenschen, sich beschenken lassen dürfen von anderen und von der unendlichen Liebe Gottes. Einseitigkeit soll überwunden werden – sehen und gesehen werden.

Mit diesen Blickwinkeln sind die Sichtweisen noch nicht erschöpft.
Welche Perspektiven können noch eingenommen werden?

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