Tränen in der Karwoche
Als Priester begegne ich weinenden Menschen: Freudentränen bei Taufen oder Hochzeiten. Im Krankenhaus oder auf dem Friedhof sind es oft Tränen des Schmerzes, der Trauer.

VON PFR. REINFRIED RIMMEL
Tränen in der Bibel
In der Bibel ist von Tränen die Rede, in Psalm 39:
„Hör mein Gebet, Herr, vernimm mein Schreien, schweig nicht zu meinen Tränen!“
Im Evangelium nach Johannes lesen wir: „Maria sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder Lazarus nicht gestorben. Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie sagten zu ihm: Herr, komm und sieh! Da weinte Jesus.“ Bevor Jesus, der Sohn Gottes, an Lazarus seine göttliche Macht offenbart, weint er!
In der Karwoche hören wir von dramatischen Momenten. Petrus verleugnet Jesus im Markusevangelium: „Gleich darauf krähte der Hahn zum zweiten Mal und Petrus erinnerte sich an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er begann zu weinen.“
Im Blick auf den Kreuzweg Jesu steht im Lukasevangelium:
„Es folgte Jesus eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.“
Tränen Jesu
Menschen, die in der Bibel weinen, sind uns sehr nah.
Wir weinen und begegnen Menschen mit Tränen. Wir glauben: Sie bzw. wir sind in der Not nicht allein. Jesus, der selbst weinte, ist in der Finsternis da – welch ein unbeschreiblicher Trost!
Die Tränen in der Bibel erinnern uns daran, für andere Menschen, die heute weinend einen Kreuzweg gehen, da zu sein.
Diese Gedanken von Papst Franziskus können durch die Karwoche begleiten: „Die Tränen Jesu haben viele Theologen befremdet, vor allem aber haben sie vielen Verwundungen Linderung verschafft. Auch Jesus hat ganz persönlich die Angst vor Leiden und Tod, die Enttäuschung und den Kummer über den Verrat des Judas und des Petrus und den Schmerz über den Tod seines Freundes Lazarus erfahren. Jesus verlässt die nicht, die er liebt. Wenn Gott geweint hat, dann darf auch ich weinen und wissen, dass ich verstanden werde. Das Weinen Jesu ist das Gegenmittel gegen die Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden meiner Brüder und Schwestern.
Das Weinen Jesu darf nicht ohne eine Antwort derer bleiben, die an ihn glauben. Wie er tröstet, so sind auch wir berufen, zu trösten.“
Tränen abwischen
Das Leiden Jesu, die Tränen dieser Welt mögen uns innerlich berühren. Durch Jesus haben wir eine Hoffnung, die uns sonst niemand in der Welt geben kann.
Gehen wir mit ihm vertrauensvoll zum Osterfest, denn „Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein.“ (Offenbarung des Johannes).